Liebe Eltern,

bei Ihrem Kind ist eine Operation bzw. ein diagnostischer Eingriff in Narkose (Anästhesie) geplant. Die Sorge um die Gesundheit Ihres Kindes und um mögliche Komplikationen des Eingriffs kann eine besondere Belastung für die Familie sein. Alle, die Ihr Kind betreuen, sind daher bemüht, diese Belastungen so gering wie möglich zu halten.
Wir wollen im Folgenden versuchen, Ihnen mittels Beantwortung häufig gestellter Fragen die Bedeutung und den Ablauf der Narkose (Anästhesie) für Ihr Kind zu erläutern.

Warum braucht mein Kind eine Narkose (Anästhesie)?
Die Narkose sorgt dafür, dass Ihr Kind während einer Untersuchung oder eines operativen Eingriffs ruhig schläft und keine Schmerzen hat. Abhängig vom Alter und Gesundheitszustand ihres Kindes sowie vom geplanten Eingriff, können verschiedene Narkoseverfahren angewendet werden (s.u.)

Wie funktioniert Narkose (Anästhesie)?
1. Narkose (Allgemeinanästhesie)
Bei der Narkose (Allgemeinanästhesie) schläft Ihr Kind sehr tief. Dazu wird meist eine Kombination von Narkosegas und/oder Narkosemedikamenten verabreicht. Die Narkose kann über eine Atemmaske mit Narkosegas eingeleitet werden, welches recht angenehm riecht und Ihr Kind beim Einschlafen kaum stört. Eine Narkose kann auch durch Einspritzen von Narkosemedikamenten über einen Tropf (Infusion) eingeleitet werden, der vor Narkosebeginn gelegt wird. Dies tut in der Regel nicht weh, da die Punktionsstelle mittels eines Betäubungspflasters (EMLA-Pflaster) schmerzunempfindlich gemacht wird.

2. „Dämmerschlaf“ (Sedierung)
Für manche, nicht schmerzhafte Untersuchungen, wie zum Beispiel die Kernspintomographie (MRT), muss Ihr Kind über einen längeren Zeitraum ganz still liegen. Dazu ist, je nach Alter des Kindes, meist eine Sedierung („Dämmerschlaf“) erforderlich. Ihr Kind schläft dabei während der Untersuchung und ist hinterher meist sehr schnell wieder wach. Eine Sedierung („Dämmerschlaf“) erfolgt meistens mit Medikamenten über einen Tropf (Infusion) .

3. „Örtliche Betäubung“ (Lokal- bzw. Regionalanästhesie)
Bei diesen Verfahren wird die Schmerzausschaltung über ein örtliches Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) erzielt, welches in die Nähe eines oder mehrerer Nerven gespritzt wird und somit die Schmerzübertragung blockiert. Da Kinder beim Anlegen dieser Betäubungsverfahren nicht still halten und auch während der Operationen nicht ruhig liegen bleiben, werden örtliche Betäubungsverfahren fast immer mit einer Narkose oder Sedierung (s.o.) kombiniert. Dabei sorgt das örtliche Betäubungsverfahren dafür, dass ihr Kind schon während des Eingriffs schmerzfrei bleibt und die erforderliche Menge an Narkosemedikamenten meist deutlich reduziert werden kann. Die Lokal-/Regionalanästhesie hält in der Regel für mehrere Stunden an, so dass Ihr Kind auch in der Zeit nach der Operation kaum Schmerzen hat (s.u.).

Ambulante Anästhesie - wann ist sie sinnvoll?
Viele Eingriffe bei Kindern können ambulant, d.h. ohne Übernachtung in der Klinik, durchgeführt werden. Kinder kommen dadurch rasch wieder in ihr gewohntes Umfeld, unnötige Krankenhausaufenthalte werden vermieden.
Die Entscheidung darüber, ob dies auch bei Ihrem Kind möglich ist, treffen Operateure und Anästhesisten gemeinsam. Dabei steht die Sicherheit Ihres Kindes an erster Stelle unserer Überlegungen. Nach ambulant durchgeführten Eingriffen bleibt Ihr Kind einige Stunden zur Beobachtung im Krankenhaus. Damit es entlassen werden kann, muss es weitestgehend schmerzfrei sein und sollte sich wohl fühlen. Nach der Entlassung muss Ihr Kind für den Rest des Tages unter Aufsicht bleiben und darf in dieser Zeit nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen.
Sie erhalten bei der Entlassung von Ihrem Narkosearzt/Narkoseärztin ein Merkblatt mit den wichtigsten Verhaltensempfehlungen und Ansprechpartnern/Telefonnummern. Sollten Probleme auftreten, können sie uns zu jeder Tages- und Nachtzeit telefonisch erreichen.

Wer führt die Narkose bei meinem Kind durch?
Ihr Narkosearzt/Ihre Narkoseärztin (Anästhesist/Anästhesistin) wird mit Ihnen alle Einzelheiten der Anästhesie in Ruhe besprechen. Er/sie wird ihnen alle in Frage kommenden Anästhesieverfahren vorstellen und gemeinsam mit Ihnen das für Ihr Kind beste Konzept auswählen. Bei diesem Aufklärungsgespräch ist es sehr wichtig, dass Sie dem Anästhesisten/der Anästhesistin alle wichtigen Informationen zu Vorerkrankungen, vorherigen Behandlungen und zum aktuellen Gesundheitszustand Ihres Kindes mitteilen. Am Ende des Aufklärungsgespräches werden Sie gebeten, Ihre Zustimmung zur Anästhesie Ihres Kindes mit Ihrer Unterschrift zu bestätigen.

Während der der Operation wird der Anästhesist/die Anästhesistin gemeinsam mit einem Anästhesiepfleger/einer Anästhesieschwester auf Ihr Kind aufpassen und dafür sorgen, dass es sicher und schmerzfrei aus der Narkose erwacht.

Schmerzen nach einer Operation - muss das sein?
Die Einzelheiten der Schmerzbehandlung wird Ihr Anästhesist/Ihre Anästhesistin während des Aufklärungsgesprächs vor der Operation mit Ihnen besprechen. Schmerzen nach einer Operation sind leider nicht immer völlig zu vermeiden. Um die Schmerzen möglichst gering zu halten, wird ihr Kind bereits vorbeugend Schmerzmittel bekommen. Falls nach der Operation stärkere Schmerzen auftreten, werden im Aufwachraum oder auf der Kinderintensivstation weitere Medikamente (in Form von Infusionen, Zäpfchen oder Saft) solange verabreicht, bis Ihr Kind nahezu schmerzfrei ist. Wann immer möglich, werden während der Narkose zusätzlich örtliche Betäubungsverfahren angewendet, welche auch nach der Operation für mehrere Stunden schmerzstillend wirken.

Wie lange vor einer Operation darf mein Kind trinken und essen? Wann darf es nach einer Operation wieder trinken und essen?
Aus Sicherheitsgründen muss Ihr Kind vor der Operation nüchtern bleiben. Die genauen Nüchternzeiten wird Ihr Anästhesist/Ihre Anästhesistin Ihnen mitteilen. Generell gilt folgende Regelung: alle Kinder dürfen bis 2 Stunden vor der Narkoseeinleitung klare Flüssigkeiten trinken (Wasser, Tee, klare Säfte/Saftschorle). Neugeborene und Säuglinge dürfen bis 4 Stunden vor Einleitung gestillt werden oder Flaschennahrung erhalten. Kinder über 1 Jahr dürfen bis 6 Stunden vor Narkosebeginn feste Nahrung essen. Empfehlenswert ist es, vor einer Operation nur noch eine leichte Mahlzeit zu sich zu nehmen (z.B. Weißbrot, Joghurt, keine fetten Speisen).

Ist Narkose gefährlich? Schadet die Narkose meinem Kind? Wie ist es, wenn in einem kürzeren Zeitraum wiederholt Narkosen durchgeführt werden müssen?
Narkose ist heutzutage sehr sicher: moderne Narkosemittel sind gut verträglich und werden vom Körper schnell verstoffwechselt, so daß Ihr Kind rasch wieder auf die Beine kommt. Dennoch gibt es -in Abhängigkeit der Größe des Eingriffs und des Zustandes des Kindes- eine geringe  Wahrscheinlichkeit von Komplikationen und Gesundheitsgefährdung. Aus diesem Grund ist der Anästhesist/die Anästhesistin während des Eingriffs ununterbrochen bei Ihrem Kind, um die Narkose zu überwachen und gegebenfalls Komplikationen zu verhindern. Die modernen Überwachungstechniken und die Erfahrung Ihres Kinderanästhesisten tragen entscheidend dazu bei, dass eventuelle Probleme frühzeitig erkannt und schnell beseitigt werden können. Die speziellen Risiken einzelner Anästhesieverfahren wird Ihr Anästhesist/Ihre Anästhesistin Ihnen genau erläutern.   

Übelkeit und Erbrechen können bei Kindern nach einer Operation, abhängig vom Alter und von der Art des Eingriffs, mehr oder weniger häufig auftreten. Aus diesem Grund erhalten viele Kinder bereits vorbeugende Medikamente. Husten, Heiserkeit oder Schluckbeschwerden nach einer Operation klingen meist nach wenigen Stunden wieder ab. Gelegentlich kann es an der Stelle von Infusionskanülen oder –kathetern zu kleineren Blutergüssen kommen. Schwere allergische Reaktionen auf Medikamente treten sehr selten auf.

Eltern sind häufig sehr besorgt, wenn ihr Kind mehrere Narkosen in kürzerer Zeit benötigt. Es existieren aber derzeit keine sicheren Hinweise, daß Kinder durch Wiederholungsnarkosen Schaden nehmen. Wichtig erscheint gerade bei sich wiederholenden Krankenhausaufenthalten eine kompetente, kindgerechte Behandlung und Umgebung, um eine mögliche Traumatisierung zu verhindern.